Warum ein Tempolimit (manchmal) echt mehr bringt

Das Jahresende ist ein willkommener Anlass für einen Rückblick und das Bewusstmachen all unserer kleinen und großen Erfolge.

Was ist uns gut gelungen? Worauf sind wir stolz? Wofür dankbar?

Manchmal schleicht sich allerdings in die gewollt feierliche eine eher angestrengte Stimmung rein.

Innere Aufpasser plappern eifrig dazwischen und zählen unerbittlich auf, was wir alles nicht geschafft und erreicht haben. Wo wir immer noch in den Startlöchern kleben, statt das Zielband zu durchlaufen. Wo wir aufgaben, statt dranzubleiben.

Klarer Anstoß für eine gründliche Analyse: Wo hapert es noch immer im Mindset? In welchen Situationen zweifeln wir immer noch viel zu sehr? Wann kuscheln wir viel lieber in unserer Komfortzone, statt souverän zu neuen Ufern aufzubrechen?

WAS bitteschön haben wir bei unserer ehrgeizigen Blockaden-Löserei übersehen?

Eine einfache Erklärung blenden wir streng aus. Klingt zu sehr nach Ausrede. Und genau jenen überlassen wir nie wieder das Feld und die Steuerung unserer Pläne.

Was aber, wenn‘s doch kein unentdeckter Bremser oder noch nicht entlarvte Verzögerungstaktik ist? Wenn wir das Offensichtliche nicht wahrhaben wollen?

Sind wir einmal auf dem faszinierenden Weg der Selbsterkenntnis unterwegs, fühlen wir jeder Verzögerung beim Ziele erreichen unverzüglich auf den Zahn. Vermuten ein hartnäckiges Muster oder weiteres Trauma unserer Kindheit.

In den seltensten Fällen kommen wir auf die Idee, dass wir möglicherweise unser hochgestecktes Ziel in viel zu kurzer Zeit erreichen wollen.

Als begeisterte Linke-Spur-Fahrerin weiß ich sehr genau, wovon ich hier schreibe.

Ein Tempoverlust macht mich sehr schnell misstrauisch, und ich frage mich in konsequenter Selbstreflexion, welche hinderliche, uralte Prägung hält mich dieses Mal auf? Wo habe ich noch nicht gekramt und gestöbert? Was in meinem Inneren noch nicht gehört und berücksichtigt?

Auf den Dreh, dass es schlichtweg an meiner Geschwindigkeit und dem sportlichen Zeitlimit liegen könnte, bin ich erst kürzlich gekommen. Und auch nur, weil mein Körper mir deutlich klarmachte, dass er dringend ein Päuschen braucht.

Ich raste in Richtung Ziel. Nichts und niemand konnte, sollte, durfte mich aufhalten.

Ein möglicher Grund für’s Losstürmen war, dass ich viel zu lange komplett gedeckelt durch mein Leben lief. Ich erfüllte viel zu lange und viel zu gewissenhaft sämtliche Erwartungen meiner Herkunftsfamilie.

Und dann endlich, den verführerischen Geschmack von wirklicher Freiheit als unschlagbare Motivation im Gepäck, gab es für mich kein Halten mehr.

Ich machte jeden Tag einen neuen Schritt über mich hinaus und nahm so richtig Fahrt auf. Den kleinsten Zwischenstopp empfand ich als störend. Getrieben von der tiefen Angst, an der nächsten Ecke wieder eigenfangen zu werden.

Erst aufgrund nervlicher und körperlicher Erschöpfung kam ich auf die Idee, dass für mich als Alleinerzieherin, die neben ihrem Coach-Business nun auch die Familien-Firma rockt, ein anderes Tempo (vorübergehend) verträglicher ist.

Ich wehrte mich ganz paar Wochen gegen Erkennen, Dringlichkeit und Drosseln der Geschwindigkeit. Roch alles zu sehr nach Aufgeben und Scheitern.

Erst ein ganz pragmatisches Aufschreiben und Journal führen, zeigte mir mehr als deutlich, dass ich zu schnell zu viel wollte.

Für’s Akzeptieren der Fakten brauchte ich allerdings nochmal ein Weilchen …..

Heute nenn‘ ich „das Neue“ liebevoll meinen Ökotrip. Und nur noch manchmal guck‘ ich bissel neidisch auf meine Freundin, die mir beruflich locker zwei Jährchen voraus ist, deren Kinder wiederum längst groß und in der weiten Welt unterwegs sind.

Meine Botschaft an Dich:

Nicht immer sind es alte Muster, die Dich bremsen.

Mindestens genauso häufig sind Deine Ziele für nur einen einzigen Anlauf zu groß, Deine Kinder und Dein Zeitfenster zu klein, Deine Geschwindigkeit zu hoch.

Ein Ziel braucht mehr als die Attribute attraktiv, verführerisch, meßbar und motivierend. Es muss mindestens genauso ökologisch sein und mit Deinen realen Kräften erreichbar.

Um also nicht irgendwann als aufgedruseltes Nervenbündel durch die Welt zu hetzen, ist der Blick auf Dich und Deine ganz spezielle Situation enorm wichtig.

Du wirst durch aufmerksame Beobachtung herausfinden, welche faulen Ausreden Du möglicherweise (immer noch) bevorzugst bzw. an welchen Stellen ein Tempowechsel mehr bringt.

Mir hilft meistens der Blick von außen. Im Gespräch mit Coach oder Powerpartnerin erkenne ich überhöhte Geschwindigkeit und blinde Flecken glasklar und kann entsprechend korrigieren.

Gelassenheit und tiefes Vertrauen in’s Leben fühlen sich übrigens saugut an.

Selbst die Rennfahrerin in mir genießt es, den Fuß hin und wieder vom Gas zu nehmen. Dabei – klar – Strecke und Anstieg im Auge behaltend.

Ich hab‘ sie kürzlich gefragt, ob sie meine heimliche, faszinierend starke Antreiberin ist. „Yes !!“, meinte sie lachend, „Eine sehr liebevolle, mutige und wohlwollende.“.

Eine, die mit mir Ziele erreicht, vor denen ich früher ehrfürchtig erstarrt wäre. Eine, die mich immer wieder aufstehen lässt. Eine, die am Jahresende gemeinsam mit mir zurückblickt. Eine, die rechtzeitig nach der Winterpause den kraftvollen Motor anschmeißt. Eine, die ich nach Strich und Faden liebe !!

Herzlich, Katrin

PS: Wie geht’s Dir und Deinem Ziele-Tempo? Welcher Deiner Antreiber ist Dein bester Unterstützer? Welcher darf den Ball gerne bissel flacher halten? Ich freu‘ mich auf Deinen Kommentar.