Wenn ich alte Freunde nach Jahren wiedertreffe, erkenne ich ziemlich schnell, wer immer noch an der gleichen Stelle steht wie früher oder auf dem genialen Weg von Hinterfragen, Selbsterkenntnis und Veränderung unterwegs ist.
Und ich mach‘ noch eine weitere interessante Entdeckung. Die Stehenbleiber und Wind-aus-den Segeln-Nehmer äußern sich sehr skeptisch, sobald sie realisieren, dass ich nicht mehr die alte Katl bin.
Jene Katl, die früher immer nur jammerte und klagte. Die Katl, die in ihrer alten Mühle hockte und völlig auf Opfer von Kindheit, falschen Unterschriften und blöden Zufällen machte.
Nein wirklich, Du arbeitest als Coach? Aha. Und die Mühle? Machst Du die auch? Ehrlich?? Hm, soso …. Drei Kinder hast Du? Und bist Alleinerzieherin? Puuh …..
Und dann die Frage der Fragen: WIE verkraften das denn Deine Kinder so? Deinen Selbstverwirklichungstrip?
Ja, wie verkraften denn den so meine Kinder – meinen Selbstverwirklichungstrip??
Meine 16jährige Tochter meinte kürzlich, wie cool sie es findet, was ich als Frau so rocke. Wie fasziniert sie ist, dass ich mein eigenes gutes Geld verdiene. Wie schön es ist, dass ich immer für sie da bin. Wie genial es ist, dass sie so stolz auf mich ist und ich ihr Vorbild bin.
In genau dem Moment konnte ich nur noch blinzeln, sie wortlos in die Arme nehmen und voller Dankbarkeit denken: Oh wie froh bin ich, die Kurve in meinem Leben gekriegt zu haben.
Was würde ich meinem großartigen Mädchen, auf das ich so sehr stolz bin, sonst vorleben?
Und wie sehen meine Jungs ihre Mama? So direkt wie meine Tochter äußern sie sich nicht. Männer eben. Dennoch glaube ich als Mama zu spüren, dass sie es ziemlich cool finden, wenn ich sie viele Dinge einfach machen lasse, nicht jeden ihrer Schritte überwache und beglucke.
Muss ich das den Zweiflern und ewig Gestrigen erklären? Nee, lass ich bleiben. Verstehen sie eh‘ nicht. Und aus der löblich ehrgeizigen Phase, jeden für Veränderung und Entwicklung begeistern zu wollen, bin ich längst raus.
Ich lass‘ die Belehrenden in ihren schlauen Lebensweisheiten kramen und warte neugierig auf ihre eifrigen Begründungen. Klar, als Mindset-Expertin bin ich immer offen für alte Familienmottos und längst überholte Klischees.
„Schuster bleib‘ bei Deinem Leisten.“ ist nun wirklich nix mehr, das mich vom Hocker reißt. Auch nicht „Wer hoch fliegt, kann tief fallen.“. Und „Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr.“, lässt mich nur milde lächeln.
Staunen musste ich kürzlich über „Wer alles haben will, bekommt am Ende nichts.“. Den kannte ich noch nicht.
Klassiker sind die hier noch: „Lieber arm und gesund, als reich und krank.“, „Du musst Dir im Leben alles hart erarbeiten.“, „Vertrauen ist gut. Kontrolle ist besser.“, „Du kannst nicht auf zwei Hochzeiten tanzen.“.
Allesamt höchst klar erkennbare Erfolgs- und Lebensbremsen, die, wenn sie unterschwellig und unerkannt wirken, zu ziemlich viel Freudlosigkeit und Frust im Leben führen.
Kenn‘ ich zu gut. Jahrelang lebte ich als Opfer und Dramaqueen.
Gott sei Dank erkannte ich irgendwann, dass ich hinterfragen und alte Zöpfe abschneiden darf. Weil genau das, und NUR das, sind solche Sprüche, die gerne als ultimative Lebensweisheit an die Frau oder den Mann gebracht werden.
Du hast sie übernommen von Deinen Eltern oder anderen engen Bezugspersonen. Als Kind konntest Du nicht anders.
Als erwachsene Frau oder erwachsener Mann kannst, darfst und sollst Du kritisch hinterfragen.
Überzeugungen werden auf unbewusster Ebene weitergereicht. Bedeutet, dass Deine Eltern sich ihr Weltbild mit Sicherheit nicht ausgedacht, sondern von ihren Eltern übernommen haben. Diese – Deine Großeltern – wiederum von ihren Eltern usw.usf.
Könnte also glatt sein, dass Du Dich aus den Tiefen Deines Unterbewussten steuern lässt von Überzeugungen, die locker hundert Jährchen und mehr auf dem Buckel haben.
Spätestens als mir das klar wurde, war Schluss mit bravem Erfüllen von Traditionen und Erwartungen. Bald gab es kein Ziebart‘sches Familienmotto mehr und keine Lebensform, die ich nicht mit voller Neugier auseinandernahm.
Ich entdeckte dabei Erstaunliches. Teilweise fiel es mir wie Schuppen von den Augen.
Alle „Du musst“ und „Du sollst, weil …..“ setzte ich außer Kraft. Jedes „Weil das nun mal so ist …..“ stürzte ein.
Ich erkannte, dass ich die Ängste meiner Eltern und Großeltern zu meinen eigenen gemacht hatte. Ziemlich fatal, wenn ich mir überlege, dass beide Generationen Kriege erleben mussten.
Zum ersten Mal in meinem Leben spürte ich den verführerischen Hauch von wirklicher Freiheit. Zum allerersten Mal ahnte ich, wie es sich anfühlt, ins eigene Leben zu gehen. Eine Offenbarung, ein Befreiungsschlag.
Meine Botschaft an Dich:
° Mach‘ Dich auf die Socken und beginne zu hinterfragen. Geh‘ Deinen Prägungen und Glaubenssätzen auf die Spur. Tu es für Dich. Tu es für Deine Kinder !! Sie übernehmen bzw. ahmen verlässlich alles nach, was Du ihnen vorlebst.
° Achte auf Verallgemeinerungen in Deiner Sprache: Immer, alle, eigentlich, ständig, nie, …..
° Sei kritisch gg.über – ach so lustigen – Sprichwörtern. Welche benutzt du häufiger? Welche sind mit Gefühlen wie Sarkasmus, Ironie und Abneigung verbunden? Welche verteidigst Du vehement?
° Was sind beliebte Mottos Deiner Herkunftsfamilie? Welche Klischees hast Du selbst eingesammelt?
° Mach‘ Dir klar, woran Dich dieser Glaubenssatz mit großer Wahrscheinlichkeit hindert.
° Hat er vielleicht auch einen versteckten Nutzen für Dich? Z.B., dass Du Dich nicht verändern „musst“??
° Welche handfesten Gegenargumente entkräften wertschätzend Deinen entdeckten Satz?
° Wie kann ein neuer und förderlicher Satz lauten?
° Übe diesen, Deinen neuen Satz. JEDEN TAG !! Der hinderliche, alte ist tief in Dir verankert und wird nicht so ohne weiteres das Feld räumen.
° Unterstütze das Verinnerlichen Deines neuen Glaubens unbedingt mit Taten. Geh‘ in genau die Situationen rein, vor denen Du die größte Angst hast bzw. bei welchen Du den größten Widerstand spürst. Das ist Dein Weg !! – Bei mir war es das Halten von Vorträgen. Mittlerweile liebe ich das Reden vor vielen Menschen. Ja ich brauche regelrecht meine Bühne.
° Sei geduldig. Lass‘ dich auf den Prozess ein. Und bitte mach’ das Ganze mit viel Gelassenheit und Humor.
Übrigens, meine Tochter ist mittlerweile (auch) eine faszinierte Glaubenssatzforscherin. Bin ich sowas von erleichtert und glücklich darüber.
Ihre kritische Haltung erspart ihr mit Sicherheit mühsames Hinterfragen und jede Menge Wachstumsschmerzen jenseits der 40.
Welche alten Sprüche deiner Herkunftsfamilie hast Du entdeckt? Ich freu‘ mich auf Deinen Kommentar. Weißt ja, ich sammel‘ die Dinger. Vielleicht für mein Buch, dann mal irgendwann, in ganz paar Jahren …..
Herzlich, Katrin 🙂